Wie Serien Ihr Leben bereichern können


Lesedauer: 3 Minuten

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich damit, wie Alltägliches zur psychischen Gesundheit beitragen kann. Heute möchte ich mich den Serien widmen. Denn nicht erst seit Corona erleben diese äußerste Beliebtheit und werden – manchmal bewusster, manchmal weniger bewusst – zum Stressabbau genutzt. Ich möchte heute zeigen, wie sogar Serien dazu beitragen können, die eigene psychische Gesundheit zu verbessern und Stress zu reduzieren.

Meditatives Fernsehen

Für viele ist das feierabendliche Fernsehprogramm etwas zum Entspannen, denn man kann der Realität für kurze Zeit entfliehen und in einer anderen – vielleicht sogar glamourösen oder romantischen – Welt leben, in der die Hauptperson für die Lösung der gestellten Probleme zuständig ist. Serien können also so etwas wie ein Kurzurlaub von der Realität sein. Gleichzeitig ergibt sich hier auch eine Gefahr: ich kann mich ständig in andere Welten flüchten, der Realität nur noch entfliehen und ähnlich wie bei einer Sucht vermeiden, mich meinen Schwierigkeiten zu stellen.

Neben dem bewussten Kurzurlaub kann ich Serien also auch dazu nutzen, einen kurzen Selbstcheck zu machen: entspanne ich mich gerade bewusst indem ich die Realität kurzzeitig ausblende oder vermeide ich es, mich meinen Problemen zu stellen, weil mir diese über den Kopf wachsen. Im ersten Fall kein Problem, im zweiten sollten Maßnahmen ergriffen werden, um meiner ständigen Überforderung zu begegnen.

Der Erfolg der Datingshows

Beim Schreiben dieses Artikels ist mir aufgefallen, dass vor allem Datingshows sehr erfolgreich sind im Bereich der Serien. Das hat verschiedene Gründe, der erste und einfachste ist die Spannung. Das Mitraten, wie erfolgreich Kandidat:innen sind und wie weit sie dabei gehen, kann fesselnd sein. Auch hier kann ich einfach die Spannung genießen, mitfiebern und mich daran erfreuen. Ich kann diese Erkenntnis aber auch nutzen um mich zu fragen: wie ist das mit der Spannung in meinem eigenen Leben? Ist es mir manchmal zu langweilig? Möchte ich daran etwas ändern?

Als weiterer Grund dafür, warum Datingshows geschaut werden, wurde das Lästern und Abgrenzen angegeben. Gelegentlich tut es gut, sich über andere zu erheben. Das stärkt unser Selbstwertgefühl und ist in erster Linie auch nicht verwerflich, so ein Abwärtsvergleich tut manchmal einfach gut. Ich kann anhand des Verhaltens anderer definieren, wie ich selbst nicht sein möchte und mich gut damit fühlen, dass ich mich anders verhalte. Trotzdem sollte diese Art der Aufwertung bei weitem nicht die einzige sein, die ich erlebe. Auch hier empfiehlt sich eine kurze Bestandsaufnahme: in welchen Situationen erlebe ich mich kompetent? Bin ich zufrieden mit mir und meiner Lebensführung? Lebe ich in Einklang mit meinen Werten?

Meine Freunde, die Serienhelden

Sehr spannend finde ich auch immer wieder das Thema Miterleben: ein Grund für die Beliebtheit der Datingshows ist, dass Dates intensiv miterlebt werden können. Einerseits geht es hier vielleicht um die Frage: wie lange ist mein letzter romantischer Abend her? Fehlt mir etwas in meinem Liebesleben?

Andererseits schneidet das einen der Kernpunkte von Serien an: die Empathie. Wenn wir in eine Geschichte eintauchen – egal ob im Fernsehen, in Filmen, in Hörbüchern oder in Buchform – dann lassen wir uns auf die Charaktere ein. Wir bauen eine Beziehung zur Hauptperson auf, leben ihr Leben mit, leiden mit ihr und freuen uns mit ihr. Manchmal fühlt es sich sogar so an als seien es gute Freunde, die einen in Gedanken im echten Leben begleiten. Deshalb schmerzt es manchmal so und hinterlässt eine gewisse Leere, wenn eine Serie oder ein Buch zu Ende geht. Denn es fehlt dann tatsächlich jemand. Aber ich kann diesen Effekt auch für mich selbst nutzen und mal wieder ganz bewusst meine Freunde in einer anderen Welt besuchen, wenn ich sie brauche. Die Autorin des Buches Harry Potter hat dazu einmal eine schönen Satz gesagt.


„Hogwarts will always be there to welcome you home“.

J.K. Rowling

Kostenloses Empathietraining

Man kann in Geschichten sehr intensive Gefühle erleben und man übt etwas für uns Menschen sehr Wichtiges: die Mentalisierung. Ich übe, mich gedanklich in eine andere Person hineinzuversetzen und die Welt aus deren Perspektive zu betrachten. Das ist eine kognitiv hoch komplexe Leistung, die uns im täglichen Leben enorm weiterbringen kann, weil sie uns Kooperation ermöglicht. Schlicht und einfach deshalb, weil es sich viel leichter verhandelt, wenn ich verstehe, was meinem Gegenüber wichtig ist und warum. So können alle Bedürfnisse berücksichtigt werden.

Bücher zu lesen oder auch Serien zu schauen kann also zum kostenlosen Empathietraining werden. Gerade Bücher fördern zudem die Kreativität und machen es nötig, sich aktiv in die Geschichte hineinzudenken, die Mentalisierungsfähigkeit wird also noch etwas mehr gefördert als im Film. Daher ist es für die Entwicklung von Empathie sehr hilfreich, wenn Kinder viel lesen. Aber auch für Erwachsene kann es bereichernd sein, hin und wieder die eigene Perspektive zu verlassen, während ich meine Komfortzone Sofa dabei behalten darf.


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