Trauer: über Einsamkeit und Unterstützung


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Die Pandemie hat uns verschiedene gesellschaftliche Probleme sehr deutlich aufgezeigt. Beispielsweise die oft leider fehlende Wertschätzung für soziale oder systemrelevante Berufe, die Bedeutung von Kindern in unserer Gesellschaft, die Stellung der Wirtschaft…. Was mir in dieser öffentlichen Diskussion häufig fehlt ist der Blick auf emotional und psychisch vernachlässigte Bereiche. Große Teile der Bevölkerung erlebte im letzten Jahr Einsamkeit und Trauer. Viele Menschen mussten allein mit Verlusten zurecht kommen, sogar allein sterben, bis heute sind Wunden geblieben und bleiben weiter unversorgt und ungesehen.


Statt uns um emotionale Wunden zu kümmern, versuchen wir verzweifelt, Krankheit und Tod zu verhindern. Statt an diesen psychischen Herausforderungen als Gesellschaft zu wachsen, gehen wir dieser Aufgabe einfach aus dem Weg.


Schon in Zeiten, in denen wir die bestmögliche Unterstützung bekommen, ist Trauer etwas Schmerzhaftes, das schwer zu bewältigen ist. Der Verlust eines geliebten Menschen, eines treuen Begleiters, einer Beziehung, einer Heimat oder eines Lebensentwurfes, all das sind Dinge, die wir betrauern. Ähnlich wie Krisen ist die Trauer etwas, das niemand gerne hat. Denn es hat zunächst wenig Tröstliches, es fehlt einfach etwas, das wir noch nicht bereit waren, loszulassen.


Die in der Corona-Krise entstandenen Verlust haben Wunden hinterlassen, die bis heute ungesehen und unversorgt sind


Akzeptanz

Der erste Teilprozess der Trauer ist also das Akzeptieren dessen, was nicht geändert werden kann. Den Verlust anzuerkennen. Ein sehr wichtiger Punkt bei der Akzeptanz ist: nur weil ich hinnehme, dass etwas so ist wie es ist und ich es nicht verändern kann, bedeutet das nicht, dass ich es gutheiße. Es bedeutet lediglich, dass ich einsehe, dass ich nichts daran ändern kann, so sehr ich mir das auch wünsche. Ich sage bewusst „Teilprozess“, weil Akzeptieren nicht eine Stufe einer Leiter ist, die ich einfach erklimmen kann. Es ist ein Hadern mit sich und der Welt, ein Ringen um Einsicht, ein Kampf mit der Realität. An dessen Ende noch kein Friede steht, aber Gewissheit und Energie, die ich nun nicht mehr für dieses Ringen brauche, sondern für Heilung nutzen kann.

Einfach Loslassen?

Häufig bekommt man in Bezug auf Trauer gut gemeinte Ratschläge wie: „du musst das einfach loslassen“, „du musst darüber hinwegkommen“, „das hält dich zurück“. Diese Aussagen implizieren, dass das Festhalten wollen an etwas Geliebtem falsch sei und man es loslassen müsse, sich verabschieden um nicht davon zurückgehalten zu werden. Ein zweiter Abschied wird verlangt, ein Abschied von der Trauer, der Betroffenen häufig noch mehr Angst macht als der eigentliche Abschied. Jetzt habe ich schon die Person verloren, muss ich nun auch noch alle Erinnerungen loslassen um wieder glücklich werden zu können?


Trauer ist das Echo der Liebe, die wir in einer Beziehung erfahren haben


Beziehung neu gestalten

Trotzdem birgt jeder Abschied auch eine Chance. Zunächst einmal verlieren wir gar nicht alles (auch wenn sich das erstmal so anfühlt). Der Verlust von etwas Geliebtem schmerzt deshalb so sehr, weil wir eine Beziehung zu der Person, dem Tier, dem Gegenstand hatten. Und ja, das Geliebte ist weg und es kommt nicht zurück, es muss betrauert werden. Aber die Beziehung kann bleiben, kann Teil unserer selbst werden und unser Leben weiter bereichern. Ob in Form von Erinnerungen, Geschichten, Ritualen oder Verhaltensweisen, das gilt es nun zu gestalten.

Entwicklung und Unterstützung

Die Beziehung zu etwas Verlorenem neu zu gestalten, bedeutet sich zu entwickeln. Der Verlust wird mich prägen. So wie vorher die Person Teil von mir war, ist es nun der Verlust. Dieser schmerzt aber nur so, weil eben eine Beziehung da war. In gewisser Weise ist Trauer das Echo der Liebe, die wir in dieser Beziehung erfahren haben.

Und diese Neugestaltung der Beziehung, das sich dadurch notwenig gewordene Selbst-Wiederfinden, das braucht Begleitung. In dieser Umbruchphase bin ich so mit mir selbst beschäftigt, dass ich mich nicht um tägliche Angelegenheiten kümmern kann, ich brauche mein soziales Umfeld, das mich durch diese Zeit trägt. So kann ich – gehalten von den Lieben, die mir bleiben – den Verlust akzeptieren und Kraft sammeln um an dieser Erfahrung zu wachsen.

Wenn Trauer zur Belastung wird, nicht überwunden werden kann, dann kann es notwenig sein, sich Hilfe zu suchen. Gerne unterstütze und begleite ich Sie in diesem Prozess.


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